Wie die Python zu mir kam
Robert der Hirte
Kurz nachdem wir auf den Philippinen angekommen waren, ich
wohnte damals noch im Haus meiner Schwiegereltern, brachte Robert eine
Schlangenhaut vorbei. Robert war der landwirtschaftliche Helfer meines
Schwiegervaters, der Reisbauer ist. Robert hatte sich eine Hütte auf
dem Land meiner Familie gebaut, hielt sich dort etwas Kleinvieh und
achtete auf das Land, die Felder und die Wasserbüffel, die hierzulande
meist frei weiden. Darüber hinaus half er beim Anbau und der Ernte.
Dieses Land liegt etwa 3km vom Dorf entfernt, an einem
kleinen Bach, und kann nur zu Fuß oder mit Pferden auf kleinen
Pfaden erreicht werden. Die Familie versorgte Robert im Gegenzug
zu seiner Arbeit mit allem Notwendigen - Kleidung, Essen, Zigaretten,
gelegentlich etwas Bier und Schnaps. Mehr brauchte Robert nicht.
Natürlich bekam Robert auch den ihm zustehenden
Anteil an Jungtieren: es ist hier Brauch, dass ein Hirte für seine
Arbeit jedes zweite geborene Jungtier als Arbeitslohn erhält.
Die Schlangenhaut
Zu Roberts Kummer begann die Zahl seiner Küken und jungen
Hühner plötzlich abzunehmen. Und irgendwann sah Robert dann auch
zum ersten Mal den Übeltäter: eine Python von sicher 2,50 Meter Länge.
Nachdem er sie mehrere Tage lang belauert hatte, gelang es Robert
schließlich, die Python mit dem Bolo, dem langen Buschmesser,
zu erschlagen.
Eigentlich wollte er uns ja die ganze Schlange vorbeibringen.
Aber unterwegs wurde er aufgehalten und bedrängt, doch die tote
Schlange mit anderen zu teilen. So endete die Python in der Pfanne, noch
bevor ich sie sehen konnte. Robert brachte danach nur noch die sehr
unfachmännisch abgezogene Haut vorbei. Die war - trotz allem - nicht nur
wunderschön, sondern auch von beeindruckenden Ausmaßen. Leider hab ich die
Photos verloren - Computercrash. Mein Versuch, wenigstens die Schlangenhaut
zu retten und zu konservieren, scheiterte leider, zumal ich zum einen
keine Ahnung und außer Salz auch keine Konservierungsmittel hatte.
Was Robert aber mitbekam war, dass ich mich ziemlich ärgerte,
weil er das schöne Tier wegen der paar dummen Hühner
totgeschlagen hatte. Der Tierschutzgedanke ist auf den
Philippinen kaum verbreitet. Und für jemanden wie Robert sind
einige Hühner ein durchaus herber Verlust. Ich versuchte
jedenfalls, Robert und der Familie klarzumachen, dass Schlangen
nicht nur Hühner fressen, sondern einen ganz wesentlichen Beitrag
bei der Bekämpfung von Ratten und Mäusen in den Reisfeldern, unter
denen die Bauern hier ziemlich leiden, spielen. Robert prägte sich
wohl vor allem ein: "Der Ausländer mag Schlangen".
Ein unerwartetes Geschenk
Und ein Jahr später wiederholte sich die Situation, nur das die
Python dieses Mal etwas kleiner war und Robert meiner Frau und mir doch so
weit vertraute, dass er uns geglaubt hatte, dass diese Art Schlange ungiftig
ist. Daher erschlug er die Schlange nicht, sondern besorgte sich einen Sack und fing damit die Python. Und baute einen kleinen Käfig, in den er dann
das Tier steckte. Um es mir dann zum Geschenk zu machen.
Da war sie dann, plötzlich und unerwartet, und ich hatte sie am
Hals und von Schlangenhaltung keine Ahnung.
Python reticularis
Ich machte mich im Internet ein wenig kundig und bekam erst
einmal einen gelinden Schreck. Ich hatte das Tier als Netzpython bestimmen können,
und Netzpythons sind schlicht die längsten Schlangen überhaupt - sie können über
neun Meter lang werden und fressen in der Groesse ausgewachsene Antilopen und
Schweine. Ihre Haltung wird als schwierig beschrieben, die Tiere als oft bissig,
kurz: die Haltung dieser Schlange wird nur sehr erfahrenen Schlangenhaltern
empfohlen, und das auch nur mit der Einschränkung, das man bei Tieren länger
als 2,50 Meter pro Meter einen Erwachsenen braucht, um das Tier noch sicher
handhaben zu können.
Nun, "meine" Schlange war etwa 1,80 Meter lang und
damit noch relativ harmlos, leider auch schon ziemlich bissig, wobei sie jedoch
in der Regel erst einmal mit geschlossenem Maul nach mir schlug, um mich zu
warnen: "komm mir bloß nicht zu nah".
mailto:bert_marco@schuldes.org
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